Ein Immobiliendarlehen aus der Familie kann Steuerpflicht auslösen

Immobiliendarlehen

Familiäre Unterstützung gehört für viele Immobilienkäufe einfach dazu. Eltern, Großeltern oder andere Angehörige springen ein, wenn die Bank zögert oder der Eigenkapitalnachweis dünn ausfällt. Ein privates Darlehen wirkt dabei oft deutlich unkomplizierter als ein Bankkredit: flexible Rückzahlung, keine Bearbeitungsentgelte, häufig ein sehr niedriger oder gar kein Zinssatz. Häufig kann ein solches Hilfsdarlehen die Finanzierung eines Hauses oder einer Wohnung überhaupt erst möglich machen und den Einstieg ins Eigentum deutlich erleichtern.

Hinter dieser vermeintlich einfachen Lösung verbirgt sich jedoch eine steuerliche Dimension, die leicht unterschätzt wird, wie dieimmobilie.de in diesem Artikel aufzeigt. Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht arbeitet mit persönlichen Freibeträgen und klaren Bewertungsregeln. Was innerhalb der Familie als reine Gefälligkeit gesehen wird, kann aus Sicht des Finanzamts zumindest teilweise als steuerpflichtige Zuwendung gelten – insbesondere dann, wenn auf marktübliche Zinsen verzichtet wird oder das Darlehen später ganz oder teilweise erlassen wird.

Sobald der gesetzliche Freibetrag zwischen den Beteiligten ausgeschöpft ist, geraten sowohl offene Schenkungen als auch verdeckte Vorteile, etwa in Form eines dauerhaft zinslosen Darlehens, in den Fokus. Grundlage der steuerlichen Bewertung ist das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, das für die Wertermittlung von Darlehensforderungen und Schulden auf das Bewertungsgesetz verweist. § 12 BewG legt fest, wie Kapitalforderungen und Schulden anzusetzen sind und wie mit ungewöhnlichen Verzinsungen umzugehen ist.

Gerade bei hohen Darlehenssummen, wie sie bei Immobilien üblich sind, entstehen auf diese Weise rasch nennenswerte steuerliche Werte. Nicht nur der Darlehensbetrag selbst, sondern auch die ersparten Zinsen können zu einer Steuerpflicht führen. Die familiäre Nähe schützt dabei nicht vor dem Zugriff des Fiskus – im Gegenteil: Bestimmte Verwandtschaftsverhältnisse haben vergleichsweise niedrige Freibeträge, sodass Unterstützung schnell in den steuerpflichtigen Bereich hineinragt.

Familiendarlehen zwischen guter Absicht und Steuerrecht

Ein Immobiliendarlehen aus der Familie entsteht häufig in Situationen, in denen Bankkredite nur zu strengen Konditionen erhältlich wären oder gar keine vollständige Finanzierung zustande kommt. Typisch ist das Darlehen der Eltern an das erwachsene Kind, um die Kaufnebenkosten zu stemmen oder das Eigenkapital zu stärken. Denkbar sind aber auch Konstellationen zwischen Geschwistern, Tanten, Onkeln oder Großeltern.

Zivilrechtlich handelt es sich um ein Darlehen, wenn ein klarer Rückzahlungsanspruch besteht, eine Laufzeit vereinbart wird und gegebenenfalls Zinsen geschuldet sind. Steuerlich wird jedoch zusätzlich geprüft, ob die Gestaltung einem Fremdvergleich standhält. Liegt der vereinbarte Zinssatz deutlich unter dem marktüblichen Zins für vergleichbare Immobilienkredite, entsteht ein geldwerter Vorteil. Dieser Zinsvorteil gilt als unentgeltliche Bereicherung und kann als Schenkung bewertet werden, die mit früheren und künftigen Zuwendungen innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zusammengerechnet wird.

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Steuerfreibeträge als Rahmen der familiären Unterstützung

Höhe der Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad

Für die Frage, ob und wann Schenkungsteuer anfällt, sind die persönlichen Freibeträge entscheidend. Das Gesetz unterscheidet dabei nach Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können derzeit jeweils 500.000 Euro steuerfrei erwerben. Kinder und Stiefkinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro pro Elternteil, Enkelkinder von 200.000 Euro, sofern die Eltern noch leben. Eltern und Großeltern beim Erwerb von Todes wegen verfügen über 100.000 Euro. Alle übrigen Erwerber – dazu zählen auch Geschwister, Nichten, Neffen oder nicht verwandte Personen – haben lediglich 20.000 Euro zur Verfügung.

Diese Freibeträge gelten sowohl für Erbschaften als auch für Schenkungen zu Lebzeiten. Wichtig ist dabei die Zehnjahresfrist: Alle Erwerbe zwischen denselben Personen innerhalb von zehn Jahren werden zusammengerechnet. Erst nach Ablauf dieser Frist steht der jeweilige Freibetrag erneut zur Verfügung. Wer frühzeitig Vermögen überträgt und später zusätzlich ein Immobiliendarlehen aus der Familie erhält, kann den Freibetrag daher schneller ausschöpfen, als es auf den ersten Blick erscheint.

Freibetrag und Familiendarlehen im Zusammenspiel

In der Praxis führen familiäre Darlehen häufig ein „Doppelleben“: Einerseits dienen sie der Immobilienfinanzierung, andererseits wirken sie – zumindest teilweise – wie versteckte Schenkungen. Wurden bereits in der Vergangenheit Geldbeträge für Ausbildung, Unternehmensgründung oder andere Zwecke übertragen, summieren sich diese mit dem Zinsvorteil des Darlehens. Sobald der Freibetrag im jeweiligen Verwandtschaftsverhältnis ausgeschöpft ist, ist jeder zusätzliche steuerliche Erwerb grundsätzlich steuerpflichtig.

Besonders sensibel sind Konstellationen mit niedrigen Freibeträgen, etwa unter Geschwistern. Ein dauerhaft zinsloses Darlehen über einen hohen Betrag kann dort schon nach wenigen Jahren dazu führen, dass der Zinsvorteil den Freibetrag übersteigt. Ereignen sich dann weitere Schenkungen oder wird später auf die Rückzahlung des Darlehens teilweise oder ganz verzichtet, verstärkt sich die steuerliche Belastung deutlich.

Nicht gezahlte Zinsen als steuerlicher Hebel

Vom marktüblichen Zinssatz zum Zinsvorteil

Der Ausgangspunkt für die Berechnung des Zinsvorteils ist der Vergleich mit einem marktüblichen Zinssatz. Dazu wird betrachtet, zu welchen Konditionen ein ähnliches Darlehen bei einem Kreditinstitut vergeben würde – insbesondere im Hinblick auf Höhe, Laufzeit und Besicherung durch die Immobilie. Liegt der vereinbarte Zinssatz im Familiendarlehen deutlich darunter oder wird vollständig auf Zinsen verzichtet, ergibt sich aus der Differenz die jährliche Ersparnis.

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Beträgt der marktübliche Zinssatz beispielsweise 3 Prozent und das Darlehen beläuft sich auf 200.000 Euro, ergibt sich bei einem zinslosen Vertrag eine ersparte Jahresverzinsung von 6.000 Euro. Dieser Betrag stellt aus steuerlicher Sicht eine unentgeltliche Nutzung dar, die als schenkungsteuerlicher Erwerb angesehen werden kann. Über mehrere Jahre wachsen so erhebliche Summen an, die – je nach bereits erfolgten Zuwendungen – den Freibetrag überschreiten können.

Kapitalisierung nach § 12 BewG

Das Bewertungsgesetz konkretisiert, wie Kapitalforderungen und Schulden für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu bewerten sind. § 12 BewG bestimmt, dass solche Forderungen grundsätzlich mit dem Nennwert anzusetzen sind, sofern keine besonderen Umstände vorliegen. Bestehen diese besonderen Umstände in einer hohen, niedrigen oder fehlenden Verzinsung, ist eine besondere Berechnung vorgesehen: Es wird vom Mittelwert einer jährlich vorschüssigen und jährlich nachschüssigen Zahlungsweise ausgegangen, um den wirtschaftlichen Wert der Forderung oder Schuld zu ermitteln.

Für unverzinsliche Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr und festem Fälligkeitszeitpunkt sieht die verwaltungsseitige Praxis zudem vor, dass der Wert aus dem Nennbetrag unter Abzug fiktiver Zwischenzinsen mit einem festgelegten Zinssatz ermittelt wird. Dieses Rechenschema dient als pauschaler Maßstab, um den wirtschaftlichen Wert eines zinslosen Darlehens abzubilden und in einen steuerlich erfassbaren Betrag zu überführen.

Sobald die Summe aus offen gewährten Schenkungen und den nach § 12 BewG ermittelten Nutzungsvorteilen den persönlichen Freibetrag übersteigt, entsteht grundsätzlich eine Schenkungsteuerpflicht. Die Steuersätze richten sich nach Steuerklasse und Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs und können insbesondere in entfernteren Verwandtschaftsverhältnissen deutlich ansteigen.

Immobiliendarlehen als Teil der Immobilienfinanzierung in der Familie

Immobiliendarlehen aus der Familie sind häufig ein zentraler Baustein der gesamten Immobilienfinanzierung. Sie können die Eigenkapitalquote verbessern, die Verhandlungsposition gegenüber Banken stärken und den Gesamtzins der Finanzierung spürbar senken. Damit diese Vorteile nicht durch spätere Steuerforderungen relativiert werden, ist eine durchdachte vertragliche Gestaltung unerlässlich.

Ein schriftlicher Darlehensvertrag mit Angaben zu Laufzeit, Rückzahlungsmodalitäten und Zinssatz schafft Klarheit. Befindet sich der vereinbarte Zinssatz in einem Bereich, der sich mit Bankangeboten oder Referenzzinsen belegen lässt, sinkt das Risiko, dass das Finanzamt einen übermäßigen Zinsvorteil unterstellt. Werden Zinsen tatsächlich gezahlt, entstehen auf Seiten des Darlehensgebers zwar Einkünfte aus Kapitalvermögen, diese lassen sich jedoch besser steuern als nachträgliche Schenkungsteuer, die erst Jahre später bei einer Prüfung sichtbar wird.

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Hinzu kommt die zeitliche Planung. Werden größere Vermögenswerte über viele Jahre verteilt übertragen und werden Freibeträge bewusst ausgeschöpft, entsteht Gestaltungsspielraum. Ein Immobiliendarlehen kann dann so strukturiert werden, dass der Zinsvorteil innerhalb der verfügbaren Freigrenzen bleibt oder durch gezielte, dokumentierte Zinszahlungen reduziert wird. Wichtig ist dabei, die Zehnjahresfrist stets mitzudenken und nicht nur die aktuelle Transaktion isoliert zu betrachten.

Fazit: Familiäre Hilfe mit steuerlichem Kompass

Familiäre Darlehen zur Immobilienfinanzierung sind aus dem Alltag vieler Eigentumsvorhaben nicht wegzudenken. Sie ermöglichen Käufe, die ohne Unterstützung kaum realisierbar wären, und tragen dazu bei, Vermögen über Generationen zu erhalten. Gleichzeitig zeigt der Blick in das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, dass gerade großzügige Konditionen – etwa zinslose oder sehr niedrig verzinste Darlehen – zum Ausgangspunkt einer Steuerpflicht werden können, sobald die gesetzlichen Freibeträge ausgeschöpft sind.

§ 12 BewG stellt sicher, dass Darlehensforderungen nicht nur formell, sondern auch wirtschaftlich betrachtet werden. Ungewöhnliche Verzinsungen oder eine vollständige Zinsfreiheit führen dazu, dass der Nutzungsvorteil bewertet und als steuerlicher Erwerb behandelt wird. In Kombination mit den persönlichen Freibeträgen und der Zehnjahresfrist entsteht ein Geflecht aus Regeln, das im Einzelfall zu erheblichen Steuerbeträgen führen kann – insbesondere bei größeren Darlehenssummen und bereits früheren Schenkungen.

Wer Immobiliendarlehen innerhalb der Familie einsetzt, profitiert von einer Gestaltung, die wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Gesichtspunkte gleichermaßen berücksichtigt. Klare Verträge, dokumentierte Zinsvereinbarungen, ein wacher Blick auf die Freibeträge und eine sorgfältige Unterlagenführung schaffen Transparenz. So lässt sich die Unterstützung innerhalb der Familie mit dem Ziel verbinden, Eigentum aufzubauen, ohne ungewollt in eine Steuerfalle zu geraten.

Für konkrete Einzelfälle empfiehlt sich eine individuelle Beratung durch steuerliche und gegebenenfalls rechtliche Spezialisten. Gerade bei hohen Immobilienwerten, komplexen Familienkonstellationen oder geplanten weiteren Vermögensübertragungen lassen sich auf diesem Weg frühzeitig Lösungen finden, die sowohl den familiären Vorstellungen als auch den Anforderungen des Steuerrechts gerecht werden.

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